Es gibt Marmelade heute
Nun sitze ich hier schon wieder mal im Zug, ganz ohne Marmelade. Dieses Mal aber nicht mit einer Torte als Überraschung für Oma O.’s 70. Geburtstag. Nein, heute holt uns Oma O. persönlich am Bahnhof ab. Herr B. ist derweilen daheim, hütet das Haus und geht brav zur Arbeit.
Das ist schade, denn ohne den Herrn B. fühle ich mich bisweilen sehr unvollständig. Wenn man 21 Jahre zusammen und damit immer noch sehr glücklich ist, ist das nämlich so. Man mutiert zu einer Gesamtperson. Einer Mischung aus zwei liebenden Menschen. Ist das gut? Habe ich mich aufgegeben, werden Sie jetzt fragen? Ist sie alleine nicht lebensfähig?
Zwischendrin überlege ich immer mal wieder, wie Liebe so funktioniert. Ich meine jetzt, unsere Liebe, unsere Beziehung und unsere Familie.
Erst einmal habe ich festgestellt, dass es keine gesamtfürallegültig Rezeptur gibt. Wie bei Kochrezepten. Wenn man sich genau daran hält (und es ein gutes Rezept, wie die aus meinem Rezeptsammelsurium ist), sollte das Gericht gut schmecken. Gut, wenn man Nußallergiker ist, muss man das halt abwandeln, oder gleich gar nicht kochen, aber das ist ja eine ganz andere Geschichte,…
Ich kann Ihnen nur versuchen, zu erklären, wie das so bei uns funktioniert.
Das mit der Liebe und der Marmelade
Und dann können Sie das vielleicht für sich modifizieren. Statt mit Kirschmarmelade, mit Himbeergelee füllen. Oder Nüsse durch geröstete, gemahlene Kürbiskerne ersetzen, wie ich, bei der Aprikosen-Himbeer-Ingwertorte.
Die Kunst besteht unter anderem darin, sich selbst immer weiter zu entwickeln und den Partner auch dabei zu unterstützen und fördern.
Gerade eben bin ich etwas irritiert. Mein netter Sitznachbar hat mich, bevor er eingeschlafen ist, gebeten, mich vor seiner Haltestelle aufzuwecken. Bzw. erst einmal hatte er mir gesagt, dass er versuchen würde, nicht einzuschlafen. So ein Schmarrn. Wenn man müde und alleine reisend ist, warum soll man dann nicht die Zugfahrt gnädig verschlafen dürfen? Aber es wäre ihm unangenehm, weil er eventuell schnarchen würde. Also seit letztem Jahr erst, aber es könne auch lauter sein. Naja, gut dass ich neben im sitze, den tagsüber bin ich da vollkommen stressfrei. Soll er doch schnarchen. Ob ich jetzt Kindergeschrei, oder Schnarchen höre, finde ich unerheblich.
Eine Sitzreihe weiter
sitzen allerdings ein paar Damen. Ich würde ja sagen um die 60 Jahre alt, mit so Brokatblumenmusterhosen und Komfortschuhen, selbstverständlich auf weltoffen und jung frisiert, geschminkt und aufgebrezelt. Die Damen unterhalten sich rege und in einer recht beeindruckenden Lautstärke und mein Sitznachbar beginnt, wie zuvor entschuldigend angekündigt, mit seinem Sägewerk.
Statt nun einfach kurz zu lachen, sich weiter zu unterhalten und das Gesäge zu ignorieren, schimpfen die absolut toleranten, erfahrenen Damen, über die Geräuschkulisse des armen Schläfers. Also, wenn jemand neben mir Nase oder Ohren popelt, sich laut schreiend am Handy unterhält, pupst oder so, das finde ich auch nicht so toll. Aber schnarchen? Tagsüber? Das muss man doch nicht als „unmöglich“, „widerlich“, „nicht haltbar“ oder „unerträglich“ bezeichnen.
Also ich finde ja die herbstlich anmutende blumenschreiende Hose von der einen Dame viel schlimmer. Die macht zwar keine Geräusche, dafür beleidigt sie aber, jedes mal, wenn ich hinschaue, meine Augen. Soll ich da jetzt auch was sagen?
Egal,
ich wecke den Sitznachbarn in 25 Minuten auf, dann sind wir kurz vor seiner Haltestelle und so lange versuche ich mich wieder auf die Liebe zu konzentrieren. Da war ich ja stehen geblieben.
Wir waren dabei, dass es wichtig ist, sich selbst zu entwickeln und den Partner ebenfalls dabei zu unterstützen.
Das Leben ist nun mal keine vorgefertigte Konstante. Es gibt so viele Möglichkeiten! Angefangen bei Haarfarben (Frau B. hatte mal sehr schicke pinke Haare) oder Frisuren, Modetrends, wie Hotpants in den 1990gern. OK, die sind gerade wieder da. Sie kaufen sich doch bestimmt auch immer mal wieder ein neues Auto, Fahrrad, fahren zu verschiedenen Urlaubszielen,…
Wer sagt, dass der Beruf, den Sie erlernt haben, der Beruf ist, den Sie bis zu Ihrer Rente wirklich beibehalten müssen? Ihre Frau B. ist zum Beispiel eine pupstrocken gelernte Industriekauffrau und hat in großen Firmen den Compensation & Benefits Bereich in der Personalabteilung betreut. Jetzt weiß ich, warum Human Resources im Englischen so heißt. Menschliche Arbeitsquelle trifft es, leider nur allzu oft, recht gut. Später hab ich mir das mal von der Consulting Seite aus angeschaut, das war langweilig. Herr B. hat sich derweilen auch recht stark beruflich verändert und dann kam der Kinderwunsch und daraus begründet, die Kinder.
So sieht es übrigens, mal zwischendrin erwähnt, hinter den Kulissen aus,… Wenn ich versuche, zu kochen, backen shooten und gleichzeitig die Dekoration bewachen muss. Sonst mampfen Fräulein L. und Der C. alles einfach auf, wenn ich mal nicht hin gucke.
Erst einmal war ich da ziemlich beschäftigt,
weniger mit Marmelade,
das können Sie mir glauben. Schließlich sind wir da in unserer Vorstellung ziemlich oldschool veranlagt. Es war uns beiden wichtig, dass die Kinder die ersten Jahre daheim erleben dürfen. Und mal Hand aufs Herz, wenn man den Kindergartenplatz nur bis mittags wählt, hat man als Frau eh fast keine Chance, arbeiten zu gehen. Da können wir gerne mal in einem anderen Artikel darüber diskutieren.
Als Ausgleich und kreatives Ventil hab ich dann, neben meinen „normalen“ Bildern begonnen, spezielle haptische Bilder für Kinder zu gestalten. Die Nicht-Kinder Bilder wollte ich dann ja mal verkaufen, ohne – Achtung – Kunst studiert zu haben. Hab ich ja auch schon mal kurz davon berichtet. Sie erinnern sich, die Esoterikmesse war da ja ein solcher Versuch.
Die Sanierung und Einrichtung unseres Hauses hat mich dann eine Zeit lang beschäftigt.
Und die ganze Zeit über,
all die 21 Jahre, beschäftigte mich das Essen. Kochen, Backen, der Genuß, das Erleben der Geschmacksknospenexplosionen. Das Schreiben von Rezepten, kleinen Geschichten, Anekdoten. Und mein Herr B. unterstützt mich, so wie er mich immer, mit all meinen Ideen und Versuchen unterstützt hat. Der Vorteil für ihn liegt dieses Mal allerdings recht plakativ auf der Hand, beziehungsweise, auf dem Teller, was weder er, noch die beiden jungen B.s sehr unangenehm finden,…
Tja, jetzt komme ich wieder zum Vergleich von Liebe mit dem Kochen. Es heißt nicht umsonst, „Liebe geht durch den Magen“, da bin ich fest davon überzeugt. Die Zutaten in der Liebe und auch im Gericht oder Kuchen sollten ausgewogen sein. Man sollte darauf achten, dass das Gesamtergebnis, das Geschmackserlebnis, rundherum zufrieden stellt. Jetzt ziehen Sie vielleicht fragend eine Augenbraue nach oben.
Wie kann ich Ihnen das verdeutlichen? Erklären?
Und da kommt mir die
jährliche Marmeladen Saison
gerade, ganz ohne Absicht, zu Hilfe.
Ich kann mein Marmeladen Rezept super verwenden, um zu erklären, wie ich das mit den ausbalancierten Ingredienzien meine. Ich hoffe, das freut Sie und auch viele weitere Leser.
Denn eigentlich wollte ich den Artikel über die Madeleines, zu denen mich ein Blog inspiriert hat, posten, aber das ist jetzt irgendwie wichtiger, ganzheitlicher. Naja, gut, die butterzarten und fluffigen Madeleines waren so schnell weg, die muss ich einfach nochmal backen, um in die passende Orm Stimmung zu kommen,… (wenn Sie wissen wollen, was das Orm ist, müssen „Das Labyrinth der Bücher“, oder „Die Stadt der träumenden Bücher“ von Walter Moers lesen).
Also, ich wollte eine Marmelade kochen.
Sie sollte eine Explosion im Mund sein. Ein Feuerwerk der leckeren Aromen. Man sollte die Marmelade auf ein Brötchen packen, einen Mürbteigboden streichen, oder aber einfach so löffeln wollen. Hier meine Überlegungen, ganz intim, nur für Sie, liebe Leserinnen und Leser:
- fruchtig und saisonal, also Flachnektarinen, die waren sooo hübsch und dufteten schon ganz arg in ihrer Papiertüte
- exotisch, da kamen die Passionsfrüchte gerade recht
- gesund, wie die Superfood Goji Beeren
- Die Marmelade sollte die Seele wärmen, also Kardamomkapseln, eines meiner Lieblingsgewürze
- Sternanis für den aussergewöhlichen Kick
- ein wenig Schärfe, als Überraschung, schwarze Pfefferkörner
- Likör 43 zum Abrunden der Komposition
- Eine Prise Salz als Gegenspieler und um die Aromen heraus zu kitzeln
- Karamellisierter Rohrzucker als warme und weiche Grundlage
- Säure von der Zitrone für die Harmonie mit dem
- 1:2 Einmachzucker
Hier das Rezept, das dabei heraus kam.
Frau B.’s herrliche Nekatarinen Marmelade
Zutaten
100 g Rohrzucker
50 g Goji Beeren
1500 g Nektarinen (möglichst die Flachnektarinen, die sind aromatischer)
2 Maracujas oder Passionsfrüchte
2 Sternanis
5 Kardamom Kapseln
1/2 TL schwarze Pfefferkörner
1 Prise Salz
2 EL Ingwersaft
4 cl Licor 43
150 ml Wasser
2 EL Zitronensaft
750 g Gelierzucker 2:1
Evtl. 1 EL Gelierfix
Zubereitung
Nektarinen und Goji Beeren waschen. Nektarinen in Würfel schneiden.
Ca. 3cm Ingwerwurzel fein reiben und mit der Hand auspressen. Es sollten ca. 2-3 EL Saft in der Schale sein.
Den Licor 43 und das Wasser abmessen und in die Schale mit dem Ingwersaft geben.
Gewürze und restliche Zutaten bereit stellen.
In einer großen, schweren Pfanne 100 g Rohrzucker schmelzen und leicht karamellisieren lassen. Mit der Ingwersaftmischung ablöschen (Vorsicht, das spritzt und rauch arg, es ist wirklich sehr heiß!).
Nach ca. 1 Minuten sprudelndem Kochen, die Nektarinen, Maracujas/ Passionsfrüchte und alle Gewürze dazu geben und ca. 3 Minuten kochen lassen. Dabei verdampft auch wieder einiges an Flüssigkeit.
Die Nektarinen mit einem Kartoffelstampfer teilweise zerdrücken.
Den Gelierzucker einrühren und 2 Minuten sprudelnd kochen lassen. Goji Beeren und die restlichen 2 EL Zitronensaft dazu geben und weitere 2 Minuten kochen.
Die mit heißem Wasser sterilisierten (ich mache immer mein Spülbecken mit heißem Wasser und einigen Litern kochendem Wasser voll und bade die Gläser und Deckel während ich die Marmeladen zubereite, darin.) Gläser mit einer Zange aus ihrem Bad nehmen und sofort die Marmelade einfüllen. Deckel schließen und sofort für 5 Minuten auf den Kopf stellen. Manchmal kann man da ein richtiges „Plopp“ hören, wenn es die Deckel mit Vakuum rein zieht.
Das Rezept reicht für drei bis 4 400 ml Marmeladengläser. ich sammle ja einfach immer die alten Gläser und mache sie sauber. Meistens weiß ich nicht, welche Größe die Gläser haben und alle sehen verschieden aus. Ist halt so 🙂
Hach,
was für eine Marmelade da heraus gekommen ist, ich sag’s Ihnen, ist göttlich!
Naja, gut, ist ein wenig sehr selbst gelobt. Doch ich hatte meine Mühe, Fräulein L. und Den C. davon abzuhalten, mein Dekorationsschälchen aufzufuttern. Gut, den Inhalt, Sie wissen schon. Zum Glück war die Marmelade, die wegen der Konsistenz der Nektarinen eher ein Gelee geworden ist, so heiß, das die beiden warten mussten, um sich nicht die Finger zu verbrennen. Dann kamen sie aber auf die Idee, einen Löffel zu benutzen, da zu pusten und dann die Finger hinein zu tunken,…
Um zu zeigen, was ich mit einer Gesamtkomposition meine, habe ich dann, in Windeseile, während ich die Dekoration vor kleinen Räubern verteidigte, noch mal eben schnell diese göttlichen Minigugelhüpfers zubereitet. Der Joghurt im Teig, mit der zitronigen Nuance passt perfekt zu der Marmelade. Trotzdem würde ich das nächste Mal noch eine Creme Double dazu reichen. Man gönnt sich ja sonst nix,…
Zubereitung
Backofen auf 150° Umluft vorheizen. Die Mini Gugelhupfform buttern und leicht mit Mehl bestäuben.
Butter mit Zucker und Salz schaumig rühren.
Die beiden Eier nacheinander, dann den Joghurt dazu geben.
Mehl mit Backpulver und Zitronenabrieb vermischen und zusammen mit dem Licor und Zitronensaft unter den Teig rühren.
Ungefähr einen EL Teig in die Mulden geben und ca. 15-20 Minuten goldbraun backen.
Entweder mit Puderzucker oder Zitronenzuckerguss dekorieren. Mit der sauleckeren Marmelade und eventuell Crème Fraîche oder Creme Double servieren, also falls noch welche übrig sind,…
Nun habe ich Ihnen zwei kleine Geheimnisse
unserer langen Beziehung und dazu noch zwei leckere Rezepte verraten. Wie schaut es aus? Verraten Sie mir auch mal was von sich? Wer sind Sie? Sie, meine Leserin, mein Leser? Was mögen Sie gerne? Was arbeiten Sie? Mögen Sie Ihren Job, oder haben Sie Träume, das zu verändern? Was steht dafür im Weg? Wie könnten Sie das beiseite schaffen? Wollen Sie das?
Und, auch ganz wichtig? Mögen Sie Marmelade? Eher die Klassischen, oder wagen Sie das Experiment meiner NektarinenLieblings Marmelade?
Der C. möchte gerne wissen, wie viele Minigugelhüpfers Sie auf einmal in den Mund stecken können. Verraten Sie uns das? Fräulein L. verdreht gerade verzweifelt die Augen, also bitte, ernsthaft, wir brauchen Antworten!
Unser Zug fährt bald in München ein. Dann heißt es umsteigen. Nochmal 40 Minuten Fahrt und schwups sind wir bei Oma O.. Wir freuen uns schon sehr darauf. Da warten Peggy und Christian von Christian Oster Wedding Photography auf uns und es gibt sicherlich wieder das ein oder andere geniale Fotoshooting. Das sollten Sie sich im Übrigen auch mal wieder gönnen. Tolle Fotos von sich, meine ich.
Ich habe extra
mein „räusper, nuschel, pieeeep, Übertragungslücke“ dabei, damit ich an meiner Idee für den Blog arbeiten kann. Hoffentlich finde ich dazu die nötige Ruhe, im wahrsten Sinne des Wortes. Dann werde ich Sie, wenn alles gut geht, Mitte August gehörig überraschen. So wie mit meinem neuen Blogdesign, nur gaaanz anders.
Nochmal zu meiner rhetorische Eingangsfrage, ob ich alleine nicht lebensfähig bin. Doch, ich könnte schon alleine leben. Das wäre kein Problem. Doch die Herausforderung ist doch, täglich am gemeinsamen Leben, an unserer Liebe zu arbeiten. Für die Gemeinschaft da zu sein, zu existieren, sich gegenseitig zu erfüllen.
Ja, ich könnte auch alleine leben. Doch ich will das nicht. Ich möchte gerne, zusammen mit dem Vater unserer Kinder, mit meinem Gefährten, Geliebten, meinem Mann und meiner Familie zusammen leben. Manchmal darf man dafür kämpfen, manchmal ist es einfach nur so, ganz wundervoll,…
In diesem Sinne,
[…] Die Rezeptur der Liebe – herzeliebe Marmelade mit Nordzucker […]
[…] sein. Einmal auf dem Weg zu Oma O.’s 70. Geburtstag. Und einmal, erst letztens, unterwegs zum Sommerurlaub,… Im Zug kann man herrlich entspannt tippen und so allerlei erleben. Manches recht […]
[…] Einmal auf dem Weg zu Oma O.’s 70. Geburtstag. Und einmal, erst letztens, unterwegs zum Sommerurlaub,… Im Zug kann man herrlich entspannt tippen und so allerlei erleben. Manches recht […]