Vom Frust und Hefekuchen
Ja, meine lieben Leser. Auch Ihre Frau B. ist bisweilen, selten und nicht lang, aber durchaus, ab und an, zu tiefst frustriert.
Und wenn man sich mal so richtig scheiße fühlt, wirklich verdrossen ist, unbefriedigt und dann, selbstverständlich auch unmotiviert ist, ja dann kann man sich natürlich, jeder wird es verstehen, wunderbar, dieser miesen Laune hingeben. Sie werden sich selbst bemitleiden, alle Schuld der Welt und des Universums (Größenwahn ist was Feines) auf sich nehmen und sich genussvoll noch armseliger fühlen. Ihre Kollegen und Freunde werden versuchen, Sie aufzumuntern. Erst enthusiastisch, dann freundschaftlich, etwas später eher verhalten.
Und weil Sie schon so schön dabei sind, sich selbst zu bejammern und den Kopf unter dem nächsten Kieswerk zu begraben, werden Sie sich irgendwann alleine, traurig und verlassen, wieder finden. Und dann haben Sie allen Grund, depressiv zu werden und freuen sich auf den nächsten Termin bei Ihrem Arzt und Therapeuten. Denn die reden wenigstens noch mit Ihnen.
Aber warum ist das so?
Ja, das weiß ich auch nicht. Ich habe schließlich nicht Psychologie oder Pharmazie (irgendwer muss ja die bunten kleinen Pillen erfinden, die gegen Depressionen helfen sollen) studiert. Ich habe da nur eine Theorie.
Vielleicht muss ich dazu mal weiter ausholen. Noch nicht ganz so weit, nur ein wenig, damit Sie erkennen können, dass ich da durchaus schon darüber nachdenken konnte.
Hefekuchen
hat damit noch nichts zu tun. Da kommen wir erst später wieder darauf zurück. Versprochen.
2013 habe ich eine Art „unerwünschtes Weihnachtsgeschenk“ bekommen. Stellen Sie sich einfach vor, die Feiertage nahen. Sie gehen zum Hautarzt, weil dieser fiese riesige, monströse Megapickel einfach nicht verschwinden will. Dabei waren Sie doch immer der Meinung, dass nach der Pubertät Schluss mit den kleinen Spritzerchen auf dem Badezimmerspiegel ist (und jetzt tun Sie nicht so, wie wenn Sie nicht wüssten, wovon ich schreibe,…). Der Hautarzt guckt recht intensiv, mit so einem Lupendingens, den Übeltäter an und stellt mal eben kurz, eine wirklich fies klingende Krankheit in den Raum.
Die Ärzte in der Hautklinik, die Sie zur Sicherung der Diagnose aufsuchen, bestätigen die Theorie des Hautarztes.
Und schon ist Ihr ganzes Leben, wie ein Kartenhaus, in sich zusammen gefallen. Sie stehen am Boden eines riesigen unbezwingbaren Problems. Aus Stein gemeißelt. Sie sind frustriert.
Hefekuchen
bringt bei einer Autoimmunkrankheit leider auch nicht wirklich was. Dafür ist alles um Sie herum der absolute Horror. Ich meine so wirklich, wirklich großer Mist! Die Krankheit reagiert auf UV, Kälte, Stress, Medikamente und noch ganz viele unerforschte Faktoren mehr. Innerhalb der Schübe bilden sich, so mehr oder weniger große, scheibenförmige rote Flecken im Gesicht, Hals, Dekolleté, Kopfhaut, die erst größer wachsen, sich laufend peelen und schließlich schick vernarben, da die Zellen darunter sich gegenseitig zerstören,… Ach ja, hatte ich erwähnt, dass in einem kleineren, nicht genauer definierbaren Prozentsatz der Betroffenen, sich das schicke Krankheitsdingens, auch nach Innen vorarbeiten kann?
Ich lasse Ihnen kurz ein paar Minuten Zeit, sich mal auf der Zunge zergehen zu lassen, was das für Sie künftig bedeuten würde.
Mich hat LED
(Schick, oder? Meine selbst erfundene Abkürzung! LSD würde vielleicht mehr Spaß machen, aber wer weiß das schon,…) sauber aus der Bahn geworfen.
Ich war frustriert, traurig, wütend, enttäuscht (vom Leben), verzweifelt, panisch, deprimiert, gebrochen, mutlos, niedergeschlagen, ohne Hoffnung, resigniert. Ich war am Arsch!
Und das wirklich Schlimme war, dass ich meine ganze Familie, in diesen Strudel der Verzweiflung, in dieses Karussell der Niederlage, mit hinein gezogen habe. Herr B. und auch die Kinder, haben mit mir gelitten. Ich hatte Angst vor Sonne, vor Kälte, Stress, all diesen Dingen, die meine Krankheit verschlimmern könnten. LED fraß sich nicht mehr nur durch meine Haut. Es fraß sich durch mein Leben, übernahm mich, meinen Körper, meinen Geist, meine Seele.
Frustration und Angst beherrschten mein Dasein.
Und dann?
Ja, was dann? 2015 waren wir eingeladen. Zum 90. Geburtstag. Nach Brasilien.
Wie Sie ja vielleicht noch aus dem Erdkundeunterricht, eigenen Erlebnissen, oder aber auch aus den Medien wissen, hat es in Brasilien Sonne. Und zwar nicht zu knapp. Und es hat Strand und fürchterlich viel UV. Und es hat auch meine Herzschwester und Ihre Familie dort drüben, in São Paulo. Und meine Herzschwester ist Ärztin und durchaus bewandert, was LED anbelangt.
Jetzt Hefekuchen?
Noch nicht,… Ich war unsicher. Hatte Angst, übertrug die Angst. Sie wuchs. Ich wollte ihr gerade einen Namen geben, da holte mich Herzschwester, mit einem Holzhammer, auf den Boden der Tatsachen zurück.
Ja, ich habe LED. Und ja, das ist nicht schön. Ich sollte Sonnencreme benutzen und, wenn es geht, nicht in die direkte Mittagssonne gehen. Aber was kann mir passieren? Ich kann Narben bekommen, aber auch nur, falls alle ärztlichen Maßnahmen, nicht greifen würden. Die Narbe würde, wie eine Tätowierung, mich an ein Ereignis in meinem Leben erinnern. Nicht mehr – nicht weniger.
Die Alternative wäre ein frustriertes Leben in Angst. Ein Verstecken vor der Realität. Das im Haus bleiben, nichts mehr erleben. Keine Strandurlaube mehr, keine Bergwanderungen, kein Fussballspiel mit Dem C., Picknick im Feld,… Im Rückblick war ich kurz davor, depressiv zu sein. Ohne jegliche Lebenslust.
Zwei Jahre und viele Hefekuchen
habe ich für diese Erkenntnis gebraucht.
Und jetzt lebe ich! Ha! Und wie ich lebe!
Ich habe mich selbst durch LED gefunden, mich sortiert, von Altlasten befreit. Mein Leben ist so lebenswert, wundervoll und abwechslungsreich, wie schon lange nicht mehr. Herr B. und ich sind intensiver und tiefer zusammen, als ich es jemals für möglich gehalten hätte. Und ich habe die Spirale erkannt. Ich habe verstanden, dass man nichts im Leben einfach mal so bekommt. Man muss seinen Hintern hoch stemmen, sich den Tatsachen stellen und dann das Beste daraus machen. Jeder darf für sein Leben, Wohlbefinden, für seine Träume, einfach selbst mal Initiative ergreifen.
Wenn man Rückenschmerzen, vom auf der Couch liegen hat, sollte man sich, zum Internet surfen, an einen Schreibtisch setzen. Vielleicht sogar ein wenig Sport treiben.
Wenn sogar ich, mit einer Autoimmunkrankheit, die Möglichkeit habe, mein Leben in der Hand zu haben, dann kann das doch jeder andere gesunde Mensch auch? Oder denken Sie da anders?
Und wenn ich jetzt frustriert bin, weil etwas mal nicht so funktioniert hat, wie ich es gerne gehabt hätte. Wenn etwas schief läuft, mich andere Menschen mit Ihrem Müll angreifen. Ja, dann bin ich das mal eben kurz. Dann hab ich kurz Frust.
Ich gebe mich dem Frust hin. Und dann schüttle ich mich, mische vielleicht einen Piña Colada, schnapp mir ein kühles Kämper Bräu Bier, rufe einen lieben Menschen an, lache drüber und weiter geht es. Seien wir doch mal ehrlich. Es gibt selten so gravierende Dinge in unseren Leben, die es verdient haben, uns komplett aus der Bahn zu werfen.
Und als Notfallplan kann ich Ihnen auch noch wärmstens empfehlen, etwas leckeres zu Essen.
Wie wäre es zum Beispiel mit diesem gaumenschmeichelnden, fluffigen, butterzarten
Hefekuchen?
Zubereitung:
Hefe in die lauwarme Milch bröseln und mit Hilfe eines Schneebesens auflösen.
Mehl, Salz, Zucker in einer Rührschüssel vermischen, die Eier und Hefemilch dazu geben und ca. 10 Minuten rühren (mit Knethaken), bis sich der Teig vom Rand löst.
Die weiche Butter in kleinen Stückchen unterrühren und wieder so lange kneten lassen, bis sich der Teig vom Schüsselrand löst. Das dauert dieses Mal nicht mehr so lange. Im Gegensatz zum normalen Hefeteig zeigt sich hier schon eine andere Struktur. Man kann richtige „Fäden“ sehen.
Den Teig evtl. in eine große Schüssel umfüllen, zudecken und ca. 45 Minuten an einem warmen Ort gehen lassen. Er sollte danach deutlich sichtbar größer sein.
Nach den 45 Minuten den Teig mit einem Teigspatel vom Rand her „durchschlagen“. Hier sieht man auch toll die Konsistenz.
Jetzt die Schüssel wieder abdecken. Dieses Mal mit Folie. Und mindestens 60 Minuten in den Kühlschrank stellen.
In der Zwischenzeit für den Boden der Kastenform Backpapier zuschneiden und die karamellisierte Füllung zubereiten.
Dafür in einer hitzefesten Pfanne (Nicht lachen, nicht jede Pfanne hält Karamell aus!) die Nüsse und den Sesam gaaanz leicht hellbraun anrösten und den Zucker dazu geben. Fleißig rühren, bis der Zucker angeschmolzen ist. Bitte nicht zu dunkel werden lasen, lieber sind noch ein paar Zuckerkristalle da. In eine Schüssel geben und abkühlen lassen. Die Zitronenschale dazu reiben und mit dem ZimtZucker mischen.
Jetzt wird es klebrig, also schon mal Mehl bereit halten. Den Teig auf eine bemehlte Arbeitsfläche stürzen und beliebig formen. Ich teile den Teig in ca. 6-8 gleiche Teige und forme diese nacheinander zu flachen langen „Zungen“, so ca. 20 cm lang und 6 cm breit. Man muss nicht rollen, es funktioniert toll mit den Händen und ausreichend Mehl.
Nachdem die erste Zunge flach da liegt, ca. 2 EL der Nuss-Zitronen-Zimt-Zucker Mischung darauf verteilen aufrollen. Die Rolle mittig halbieren und eng nebeneinander in die Form setzen.
Den Teig nacheinander wie gewünscht verarbeiten. Dann die Form mit der Folie abdecken und wieder für 60 Minuten warm stellen.
Nach 50 Minuten den Backofen auf 200° vorheizen.
Nach Ende der Ruhezeit die Folie von der Form entfernen und den Kuchen ca. 25-30 Minuten backen. Wenn gewünscht mit Puderzucker berieseln und Apfelmus, Vanillesoße, Lemon Curd oder Schokoladeneis dazu servieren.
Selbstverständlich könnten Sie den Kuchen auch in einer Gugelhupfform backen, oder als Rouladenschnecke auf ein Backblech legen. Wir mögen aber diese kleinen Schneckchen, die man dann schön abzupfen kann besonders gerne. Das hat sich irgendwie „eingebürgert“,…
Hefekuchen
oder Alkohol ist nicht immer eine Lösung. Das gebe ich zu. Das wäre auch, auf die Dauer gesehen, wohl reichlich ungesund.
Wie reißen Sie sich aus einem persönlichen Tief wieder raus?
Lesen Sie meinen Blog? Lachen Sie losgelöst? Schreien Sie ganz laut den Spiegel an? Gehen Sie joggen, oder mit dem Mountain Bike einen Cross fahren? Treffen Sie sich mit Freunden? Haben Sie jemanden, der Sie mit den Haaren wieder aus der Spirale zieht? Revanchieren Sie sich dafür auch ausreichend? Vielleicht mögen Sie mir ja Ihre Tricks verraten. Oder Sie nehmen ein paar Gedanken heute mit,…
Mein Eintrag zum Frust und Hefekuchen ist dieses Mal sehr persönlich ausgefallen. Doch das musste einfach mal raus!
Geben Sie sich einen Ruck! Wenn Sie gelernt haben, die „schlechte-Laune-Spirale“ zu erkennen, rutschen Sie von Mal zu Mal weniger tief hinein. Und irgendwann können Sie dann, wie Kaptain Blaubär, den endlosen Tornado reiten, verlassen oder gar zum Stillstand bringen.
Schlechte Laune, Frust haben ist OK. In Maßen kann es uns helfen, Dinge zu erkennen, zu verbessern und all die tollen Sachen, die wir um uns haben, mehr zu schätzen. Das muss man einfach für sich realisieren. Man muss es aussprechen, raus lassen!
Und dann sollte man es auch wieder gut sein lassen. Zuviel Frustration macht bestimmt Falten und Verstopfung, da bin ich mir sicher!
So, meiner einer holt sich jetzt noch ein Stück vom köstlichen Hefekuchen. Ein heißer Kaffee dazu und schon sieht die Welt besser aus,…
Ganz herzlich,
Ihre (wieder gut gelaunte) Frau B.
[…] Vom Frust und Brasilien – Was hat das mit Hefekuchen auf sich? […]
[…] Vom Frust und Brasilien – Was hat das mit Hefekuchen auf sich? […]
[…] Vom Frust und Brasilien – Was hat das mit Hefekuchen auf sich? […]