Soulfood – Rhetorische Haxe vom Black Angus mit homemade Pasta
Letztens da war ich bei einem Seminar. Und das hatte nicht wirklich was mit Rhetorik zu tun, eher mit der Haxe. OK, doch, vielleicht ein bisserl. Denn das Seminar wurde in Chemnitz, bei der Metzgerei Gränitz, von Christoph Grabowski gehalten. Benny, der Junior, Metzger in 5. Generation, hatte von seinem Bauern eine Black Angus Färse geholt. 4 Wochen durfte das Tier erst mal trocknen, dann zeigte uns Christoph, in welche Teile man ein Rind zerlegt.
Und bevor ich nochmal auf Rhetorik zurück komme, bitte hier entlang, wenn Sie nur an dem Rezept interessiert sind. Ganz ehrlich, ich habe nur selten Menschen gesehen, die so für ihre Leidenschaft brennen wie Christoph. Du stehst da, vollkommen gefesselt und er redet, palavert, erklärt, argumentiert, gestikuliert, er raunzt, schildert, agiert! Er ist so absolut klar, ehrlich, gefestigt, nüchtern und offen. Wenn Christoph mit seiner Ruhrpottschnauze erzählt, dann steht er vor Dir und brennt wie eine Fackel! Er brennt so voller Energie und Leidenschaft, da muss eigentlich jeder Vegetarier sein Mörchen vergessen! Den Kale Grünkohl sein lassen,….
Er lebt seine Vision,
hat eine Mission und keine Scheu vor Vorurteilen. Die räumt er aus, macht sie platt und ersetzt sie durch Ideen und einer ganz neuen, doch alt hergebrachten Sicht des Fleischers, Metzgers, oder wie immer Sie den Beruf nennen mögen. Gerade junge Metzger, wie Benni fördert und feiert er.
Es ist einfach hoch interessant zu sehen, die Verwendung der einzelnen Bereiche zu diskutieren, zu erfahren, was man früher alles zur Wurst verarbeitet hat und heute auf dem Grill landet. Die verschiedenen Cuts, Verwendungen, alle die einzelnen Bereiche dieses Tiers wurden beleuchtet, erklärt, zerteilt und dann extrem lecker, von Jörg Staron, direkt vor der Metzgerei, gegrillt. Jörg ist ein Klasse Kerl und oft auf BBQ Wettkämpfen anzutreffen. Hey, wir wollten ja auch irgendwann bei uns mal ein Grill-Dich-ein abhalten. Wer hätte noch Lust, dazu zu kommen? Jörg, Benny, kommt Ihr mal rum? Weil Jörg, Du hattest mir noch eine genauere Erklärung von Deinem Smoker versprochen!
Wirklich authentisch wurde das Seminar, weil Bennys ganze Familie und teils die Belegschaft mit dabei waren. Das Rind wurde direkt in der Metzgerei, dort, wo immer zerlegt, gewurstet und vorbereitet wird, zerteilt. Nix mit schicken Seminarräumen oder gar einer Lehrküche. Wir durften gucken, wo die Würste hängen, sehen, wie die Salamis gewässert werden. Wo die Haxe zu Schinken verarbeitet wird, wo der Schinken zum Räuchern hängt, … Es gab nichts zu verstecken, viel zu entdecken. Steffen ist ein Bär von einem Mann! Er ist mit seinem großen Herz voll dabei und unterstützt die junge Generation Ninette und Benny bei der Neubelebung des Handwerks. Nicht jeder kann reden wie ein Christoph, doch man merkt den Stolz, das Leuchten und den Herzschlag in der ganzen Familie! Wie in Christoph lebt auch hier, bei Gränitz eine Vision!
Benny ist gerade dabei,
die Metzgerei, die schon seit 5 Generationen im Familienbesitz ist, zu modernisieren. Und ich spreche jetzt nicht von Fertigungsstraßen. Ich spreche davon, dass er die Kunden neu abholen, neu gewinnen möchte. Kleine Metzgereien können nicht mit den Preisen von Lidl, Aldi, Kaufland und Co mithalten. Und das müssen sie auch nicht, wie Christoph mehrfach richtig gestellt hat. Die Aufgabe der Metzger ist es, die vorhandenen Kunden abzuholen. Sie neugierig zu machen auf den Genuss, den qualitativ hochwertiges Fleisch mit sich bringt. Die Geschichte zu erzählen, warum das Black Angus, oder Duroc vom Züchter, aus dem Umkreis, mehr kostet und auch mehr kosten muss! Die Kunden müssen stärker an diesen wichtigen Kreislauf zwischen Landwirt und verarbeitenden Betrieb herangeführt werden. Die Lust auf den Genuss von nachhaltig wachsendem Fleisch, auf neue, andere Cuts, geweckt werden!
Die Menschen,
die ich an diesem Tag kennen gelernt habe, waren alle keine Vegetarier. Gut, das ist nicht weiter verwunderlich. Doch ich glaube, der große Teil der Anwesenden, war schon weg vom in Massenmasthaltung produziertem, hin zum artgerecht und nachhaltig aufgewachsenen Tier. Wir alle waren interessiert und lebhaft diskutierend bei der Sache. Ich fand es toll, all die lieben, witzigen und tollen Leute zu treffen und auch ein Stück weit mit zu versorgen.
Wir hatten Kartoffelbrei, Avocadocreme und Bananen vorbereitet. Einen Teil hatten wir mit Chimichurri serviert und Christopher überraschte mich mit seinem Wunsch nach einem klassischen Tatar. Oh, klassisch hatte ich noch nie zubereitet, also musste ich improvisieren. Hammer! Habt Ihr schon man ein ultrafein mit einem Messer geschnittenes frisches Tatar vom Rind gegessen? Nicht einfach nur gewolft,…
Ich liefere in jedem Fall noch die Rezepte und Bilder von klassischen Tatar, meiner Version mit Sesamöl und der asiatischen Kräuterbutter nach, versprochen!
Neben all den gegrillten Leckereien gab es noch bergeweise belegte Brote und extrem leckere selbstgemachte Schinkensorten. Der Hirschschinken, übrigens frisch vom örtlichen Jäger (also der Hirsch, bevor er er Schinken war), war wirklich ein Traum!
Und klar, über das Black Angus brauchen wir nicht reden. Sehen Sie sich nur die Haxe an!
Genauso wie die langsam gegarte Keule, Haxe,….
(Hilfe, Benny oder Christoph! Ist das der richtige Ausdruck für den Unterschenkel von dem Angus?), die ich daheim als Sugo für selbstgemachte Nudeln zubereitet hatte. Wenn Sie nicht grillen wollen, ist es auch kein Thema, dann bemühen Sie halt einfach Ihren Backofen. Temperatur und Zeit bleiben ja gleich,…
Den Hunden war es im übrigen auch Einerlei, ob die Haxe vom Grill oder aus dem Backofen kam. Sie durften glücklich verbleibende Sehnenstücke und Glibber fressen. Allerdings war das kochen unter erschwerten Bedingungen, weil wir beim Kochen ständig über die Viecher gestolpert sind. Und Sie glauben ja gar nicht, wie riesig so ein Barsoi ist, wenn er sich mal so richtig bequem ausstreckt! Was machen Sie mit solchen Resten? Oder Knochen, die Sie nicht benötigen? Darf das auch der Hund fressen, oder haben Sie keinen? Vielleicht ne Katze? Unser Kater fand seinen Teil dann später in seinem Napf. Ihm ist das Warten neben der Arbeitsinsel irgendwie zu doof. Schließlich weiß Mietz, dass ich ihn nicht vergesse!
Dazu reichten wir Gremolata mit Grapefruit und einen köstlichen Salat mit Fenchel,…
Und über selbstgemachte Nudeln muss ich ja nicht viel erzählen. Sie WISSEN, dass die unschlagbar lecker sind! Haben Sie denn schon meine Grumperten Nudeln versucht? Das wäre die Alternative an Nudeln (statt der Rigatoni), falls Sie keine Pastapresse besitzen,…
Zutaten
1 Keule vom Black Angus mit Knochen
3 Karotten
¼ Sellerie
2 Selleriestangen
5 Tomaten
3 rote Zwiebeln
4 Knoblauchzehen
½ L guter Rotwein
½ L Brühe
2 Lorbeerblätter
4 Pimentkörner
7 Nelken
1 TL schwarze Pfefferkörner
1 Zweig Rosmarin
1,5 TL Salz
Evtl. Rinderbrühe
Wenn gewünscht am Schluß noch 1-2 EL Tomatenmark und Sojasoße zum Abschmecken.
Räucherchips nach Geschmack
Zubereitung
Räucherchips wässern (ich hatte Hickory). Grill zum Räuchern anheizen.
Die geschälten 3 Karotten, ¼ Sellerie, 2 Selleriestangen, 5 Tomaten fein würfeln. Knoblauch schälen, Zwiebel schälen und achteln.
Zusammen mit der Keule, den Gewürzen und dem Rotwein in eine feuerfeste Form geben. Auf den Grill stellen und indirekt ca. 30 Minuten räuchern. Wenn man die Keule im Backofen zubereitet, diesen Schritt weg lassen und gleich die Form möglichst dicht schließen.
Danach mache ich eigentlich den Deckel zu, nur leider war die Keule zu groß. Also musste ich den Bräter mit Alufolie möglichst dicht abschließen. Auf den Grill zurück stellen, Hitze auf 120° indirekt stellen und 2 Stunden garen lassen. (Im Backofen gart unsere Haxe ja schon 30 Minuten friedlich bei 120°)
Vom Grill nehmen, öffnen, um die Flüssigkeit zu kontrollieren und die Haxe wenden. Alle 2 Stunden wiederholen. Evtl. noch Wein oder Rinderbrühe nachfüllen.
Nach 10 Stunden ist die Haxe so zart, dass sie vom Knochen fällt. Das Fleisch fein zerteilen (ähnlich wie bei pulled Pork) und unerwünschte teile entfernen. Nicht jeder mag das noch verbleibende weichere Gewebe,…
Die Soße mit dem Gemüse und den Kräutern durch ein Sieb passieren. So, um auch im Team Backofen ein zartes Raucharoma zu bekommen, mit Rauchsalz, Salz, Pfeffer abschmecken. Hier dann auch, wenn gewünscht Tomatenmark und Sojasoße verwenden.
Dazu passt ganz herrlich die selbstgemachte Pasta.
Zubereitung
Alle Zutaten in einer Küchenmaschine ca. 8 Minuten miteinander verkneten. Der Teig sollte nicht mehr kleben, elastisch und seidig sein. Abgedeckt 30 Minuten ruhen lassen.
In der Zwischenzeit die Pastapresse vorbereiten und die Rigattoni portionsweise pressen. Die fertigen Nudeln vorsichtig auf ein mit Mehl bestäubtes Tablett geben und immer mach wieder locker bewegen und ggf. mit Mehl bestäuben.
Die Garzeit im kochenden Salzwasser sind ca. 6-8 Minuten.
Wir hatten hier zu eine Gremolata mit Grapefruit, Petersilie und Knoblauch. Leute, das war echt abgefahren!
Zutaten
½ Bund glatte Petersilie
1/2 Grapefruit Bio
2 Knoblauchzehen
4 EL Olivenöl
Zubereitung
Petersilie fein hacken.
Die Schale der halben Grapefruit abreiben und mit der Petersilie vermischen.
Knoblauch und den Saft der Grapefruithälfte dazu pressen, mit dem Olivenöl mischen, fertig!
Das ist einfach ein absolutes Wohlfühlgericht,
Futter für Bauch und Seele. Wenn man so einen dampfenden Teller, mit frischer Pasta vor sich hat, dann ist die Welt doch, ein Stück weit, wieder in Ordnung. Ein paar Freunde, Familie mit am Tisch, laute Gespräche, Gelächter, sich wohl fühlen,… Das Wissen um die Herkunft, die gute Schlachtung, kurzen Wege, das tut noch sein Übriges dazu.
Ich jedenfalls vermeide weitestgehend Fleisch aus dem Supermarkt. Unseren Wochenmarkt mag ich gerne und die kleinen Hofläden rings herum. Da kann ich zwar nicht immer so kochen, wie ich es geplant hatte, aber was wäre das Leben ohne Spontanität? Wenn es halt gerade keine schlachtreifen Hühnchen gibt, dann gibt es vielleicht etwas anderes Leckeres. Und in drei Wochen dann, da hol ich mir das frisch geschlachtete Huhn und freue mich, weil ich weiß, dass ich es vielleicht in der großen Herde laufen sehen hab. Ob es wohl das etwas dunklere war?
Benny und viele andere seiner Zunft haben verstanden, welche Verantwortung sie tragen. Hören wir ihnen zu, lassen wir uns darauf ein. Immer über unsere Welt, die Umwelt, unsere Gesellschaft lamentieren bringt nichts. Wir können daheim anfangen. Bei unseren Lebensmitteln, beim Einkaufsverhalten. Ist das zweite oder dritte Fernsehgerät wirklich so wichtig? Unser Konsum an Gütern, die nur unser Haus, nicht unsere Seele füttern?
Wäre es nicht sinnvoller, Geld in unseren Motor, die Ernährung unsere Familie, zu investieren? Zusammen mehr an einem Tisch zu kommen, gemeinsam zu genießen? Und hier dann auch zu wissen, dass Geschmack, Herkunft, Aufzucht der Lebensmittel, die wir verwenden zu unserer Philosophie passen?
Also, ich weiß, was ich wähle,…
In diesem Sinne,
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